Mitteilung der DGF bzgl. Pflegekammern in Deutschland

Nutzen einer Pflegekammer
Eine Pflegekammer kann dieses Vakuum beenden indem die strukturellen
Voraussetzungen zur Ausübung von Pflegeberufen definiert, weiterentwickelt und
schließlich kontrolliert werden, da eine Kammer auch die Berufsaufsicht innehat:
• Die Pflegekammer nimmt Selbstverwaltungsaufgaben eigenverantwortlich
unter staatlicher Rechtsaufsicht wahr.
• Sie hätte die Funktion, eine Berufsordnung zu verabschieden und zu
überwachen (im Sinne der Qualitätssicherung) und würde Meldungen bei
Verstößen gegen die Berufsordnungen prüfen und ggf. berufsgerichtliche
Verfahren einleiten können (Schutz der Bevölkerung vor einer
unsachgemäßen pflegerischen Versorgung).
• Der Prüfungsvorsitzende beim Gesundheits- und Krankenpflegeexamen wäre
nicht mehr ein Arzt, sondern ein Mitglied des Berufsstandes der Pflege.
• Die Pflegekammer bestimmt die Grundvoraussetzungen für das Maß von
Qualität in der Pflege.
• Eine Kammer vertritt die Belange des Berufszweiges nach außen, zum Wohle
der pflegebedürftigen Patienten und Bewohner. Sie ist als Institution
verpflichtend bei allen Entscheidungen im Gesundheits- und Pflegewesen zu
beteiligen.
• Damit plant sie die zukünftige pflegerische Versorgung vor dem Hintergrund
der notwendigen Kompetenzen und der erforderlichen Fachkraftquoten.
• Durch die Mitgliedschaft, Registrierung und Ausgabe von Heilberufe-
Ausweisen gäbe es erstmals eine klare Bestandserhebung aller im Beruf
tätigen, was es noch nie gab, und sorgt für Planungssicherheit.

Pflichtmitgliedschaft
Auch zu einer Pflegekammer gehört eine Pflichtmitgliedschaft, da alle Pflegenden
gemäß ihrer Berufsbildung und -ausübung erfasst sein müssen, um eine
konsequente Weiterentwicklung gestalten zu können. Der viel diskutierte
Pflichtmitgliedsbeitrag könnte gemäß einer Modellrechnung des Hessischen
Sozialministeriums bei 0,15% der jährlichen Brutto-Einkünfte liegen könnte. Das
bedeutet bei einem Bruttojahresgehalt von 30.000 Euro 3,75 Euro Monatsbeitrag,
also einem sehr überschaubaren Beitrag.
Parallel gibt es auch andere Überlegungen zu noch niedrigeren Beiträgen. Würde
jedes Mitglied von 1,2 Mill. Pflegenden 1 € Monatsbeitrag leisten, dann stünden 14,4
Mill. € pro Jahr zur Verfügung, um die oben aufgeführten Strukturen zu schaffen und
die Prozesse zu steuern. Ein sicherlich gutes Plateau und für jeden beruflich
Pflegenden leistbar.
Das Bundesverfassungsgericht sagt zum Thema Pflichtmitgliedschaft, dass „dadurch
eine legitimatorische und freiheitssichernde Funktion i.S.v. demokratischen
Partizipationsrechten gewährleistet wird!“ Damit ist die nachfolgende Argumentation
von Seiten der Politik, es gebe juristische Bedenken, entkräftet (Vgl. Prof. Dr. iur.
Heinrich Hanika: www.h-hanika.de).

Gegenstimmen
Bei so vielen positiven Perspektiven ist es schon verwunderlich, dass sich Proteste
ergeben. Diese kommen insbesondere von der Gewerkschaft Ver.di.
So hat das Ver.di- Mitglied Annette Klausing im Mai 2010 die vorgeschlagene
Pflegekammer in Niedersachsen als “überflüssig wie ein Kropf” bezeichnet. Ihrer
Argumentation fehlt allerdings ein nachvollziehbares sachliches Fundament.
Ebenso ist der aktuelle offene Brief an die ver.di Mitglieder substanzlos, wenn die stv.
Landesbezirksleiterin Andrea Hess gegen eine Kammer argumentiert, dass
1. „Kammern undemokratisch seien“, was Unsinn ist, da alle Mitglieder einer
Kammer ihre Vertreter selbst wählen. Und Wahlen entsprechen nun einmal
einem demokratischen Grundprinzip.
2. „die Kammermitglieder keine nennenswerten Vorteile hätten“, was zu Beginn
des Textes bereits widerlegt ist.
3. die Berufsaufsicht missbraucht würde, um die angestellten Berufsangehörigen
unter Druck zu setzen.“ Auch hier irrt Frau Hess, da die Kammer einem
gesellschaftlichen Auftrag nachkäme und rechtens handeln würde, um den
Schutz der Öffentlichkeit vor schlechter Pflegepraxis zu gewährleisten.
4. „die Kammer Einkommensteuerdaten erhalten würde.“ Da es klare
Datenschutzregelungen gibt, ist das ein vorgeschobenes, unhaltbares
Argument.

Schaut man auf die Profession der Frau Hess, so wird deutlich mit welchem
Fachverstand sie glaubt die Belange des Pflegeberufes beurteilen zu können. Ihre
Erfahrungen hat die Ver.di-Vertreterin im Fernmeldeamt erworben, womit klar wird,
warum sie sich in Konzeptionen pflegerischer Expertisen einmischen kann. Und
damit wird wieder deutlich, unter welchem Einfluss der Beruf der Pflegenden steht:
Fachfremde wollen über Struktur- und Prozessqualitäten der Pflege bestimmen.
Vielleicht definiert die Fachkrankenschwester demnächst welche Telefonanschlüsse
wo und wie verlegt werden müssen?
Offenbar hat die Gewerkschaft Angst vor Macht- und Mitgliederverlust, da sonst nicht
zu verstehen, warum solch eine unsachgemäße Argumentation ins Feld geführt wird.

Ganz anders stellt sich die Gewerkschaft komba dar, die mit vielen ehrenamtlichen
Mitgliedern agiert, die aus der Praxis des Gesundheitswesens kommen und der
Akademisierung und den Kammern positiv gegenüberstehen.

Auch die Niedersächsische Krankenhausgesellschaft befürchtet, dass die Einrichtung
einer Pflegekammer die bestehenden Probleme in der Pflege nicht lösen kann und
argumentiert mit den unterschiedlichen Interessen innerhalb der Pflegeverbände.
Dazu ist zu sagen, dass die Positionen der Pflegeverbände im Deutschen Pflegerat
diskutiert werden und schließlich in einer gemeinsamen Position münden, die von
allen Mitgliedsverbänden getragen wird. Auch das ist gelebte Demokratie und kein
Widerspruch!

Bleiben noch politische Argumente, von denen zwei besonders hervorzuheben sind:
1. Man glaubt, dass mit der Etablierung von Pflegekammer die Mitglieder in
einen eigenen Rentenfond zahlen und damit der Allgemeinheit verloren gehen
würden. Davon war nie die Rede und ist sicher auch keine Voraussetzung, um
eine Pflegekammer zu gründen. Das kann also kein Grund zur ablehnenden
Haltung sein.
2. Zeitgleich wird der Begriff „Zwangsmitgliedschaft“ genutzt und argumentiert,
dass dieses nicht mit dem Grundgesetz vereinbar sei. Dazu ist zu sagen, dass
es einerseits Pflichtmitgliedschaft heißt, die gleichsam schon bei Ärzten,
Apothekern, und Psychotherapeuten zu finden ist. Wäre diese
Pflichtmitgliedschaft nicht rechtens, müssten ergo diese Kammern verboten
werden. Spätestens seit dem Gutachten von Prof. Igl ist allerdings allen
bekannt, dass das Grundgesetz dazu klare Anmerkungen macht – siehe oben!
Die Argumentation ist damit nicht nur haltlos sondern wird durch das
Europäische Recht sogar noch ausgehebelt, wenn es heißt, dass „eine
Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer mit dem EU-Recht
vereinbar ist“ (vgl. EuGH, Rs. Rs. C – 309/99, Slg. 2002, I-1577 – Wouters
u.a.m.)

Fazit
Wenn die Pflegeberufe eine weiterführende Rolle im Gesundheitssystem
übernehmen sollen und wollen, so wird es nicht ohne Kammern funktionieren, die die
Professionalisierung nochmals deutlich vorantreiben werden. Dazu bedarf es aller
Mitglieder und zahlreichen strukturellen Voraussetzungen. Das Hauptaugenmerk
liegt dabei u.a.
• in der Sicherstellung und Überwachung der pflegerischen Versorgung der
Bevölkerung
• der Entwicklung des Berufsrecht Pflege
• der Verbesserung des Personalschlüssels und vielen anderen mehr.
Damit sind bisherige Gegenstimmungen offenbar haltlos, sodass einer Einrichtung
von Pflegekammern nichts mehr im Weg stünde.
Die Tarifpolitik bleibt eine Sache der Gewerkschaft und ist damit völlig unstrittig.

Siehe auch: www.pflegekammer-jetzt.de

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